Christiana Bukalo
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Gründerin von Statefree
Christiana Bukalo ist staatenlos. Sie besitzt weder Staatsbürgerschaft noch Wahlrecht. Deshalb hat sie der Politik den Rücken gekehrt – bis jetzt.
Wer bist du und was machst du bei JoinPolitics?
Mein Name ist Christiana, ich bin 28 Jahre, gebürtige Münchnerin und die Co-Gründerin von Statefree. Unsere Organisation widmet sich dem Thema Staatenlosigkeit und vernetzt betroffene Menschen. Mit Staatenlosigkeit wird der rechtliche Status von Personen beschrieben, die ohne wirksame Nationalität leben und deshalb häufig keinen Zugang zu gewöhnlichen Grundrechten haben. Mit JoinPolitics wollen wir jetzt eine politische Initiative gründen, die sich für eine rechtliche Gleichstellung in der Bundes- und Kommunalpolitik einsetzt.
Warum muss dein Thema dringend auf die politische Agenda?
In Deutschland leben über 117.000 Menschen ohne geklärte Staatsangehörigkeit – oder als Staatenlose. 32.000 von ihnen sind sogar in Deutschland geboren. Auch ich bin hier geboren, aber seit meiner Geburt staatenlos. Staatenlose Menschen dürfen nicht wählen oder bei Wahlen antreten, sie dürfen nicht im öffentlichen Dienst arbeiten und haben einen erschwerten Zugang zur Einbürgerung. Sie können oft nicht reisen oder haben keinen Anspruch auf Leistungen wie Kindergeld. Diese Summe an Hürden führt häufig zu einem sehr marginalisierten Leben. Bei mir löste die Staatenlosigkeit vor allem ein Gefühl von Unsicherheit aus. Nie sicher zu sein, welche Rechte ich habe und wer diese im Zweifel vertritt, lässt das eigene Leben instabil erscheinen. Deshalb möchte ich für Staatenlose endlich einen Zugang zu Grundrechten schaffen und damit auch ein Gefühl von Sicherheit und Zugehörigkeit erreichen.
Selbstermächtigung durch Veränderung: In ihrer politischen Arbeit kämpft Christiana Bukalo für die rechtliche Gleichstellung staatenloser Menschen.
Wie hilft JoinPolitics, deine politische Vision umzusetzen?
Die Förderung ermöglicht uns überhaupt erst, den Schritt in die Politik zu gehen. Ich konnte nie wählen und hatte deshalb oft das Gefühl, machtlos gegenüber dem System zu sein. Mein ursprünglicher Instinkt war es daher, Politik zu meiden. Die Philosophie von JoinPolitics hat mich umgestimmt. Die Tatsache, dass uns eine Organisation unterstützt, stärkt uns den Rücken und verschafft uns Zugänge, die wir sonst nicht hätten.
Auf kommunalpolitischer Ebene ist es unser Ziel, einheitliche Prozesse für die Feststellung von Staatenlosigkeit zu erreichen. Bisher gibt es hierfür kein gesondertes Verfahren. Das führt oft dazu, dass Personen im Status der ungeklärten Staatenlosigkeit feststecken, dabei würde allein die rechtliche Anerkennung bereits Zugänge verbessern. Zum Beispiel die Chance auf einen Reisepass. In der Bundespolitik wollen wir uns zudem dafür einsetzen, die Hürden zur Einbürgerung für Personen ohne geklärte Staatsbürgerschaft abzubauen. Hier setzen wir auf bundespolitischer Ebene an, wollen mit den Fachpolitiker*innen der Ampel-Regierung ins Gespräch kommen.
Ich wünsche mir, dass wir so meiner Vision von einem Deutschland näherkommen, in dem das kulturelle und politische Selbstverständnis im Einklang mit der Realität ist. Das bedeutet für mich ein Deutschland, das Diversität schätzt und nicht fürchtet. Und im besten Fall schaffen wir ein Modell, das Vorbild sein kann für andere Länder.
Was hat dich politisiert?
In erster Linie das Verständnis, dass Staatenlosigkeit ein Problem ist, das unter anderem in der Politik entsteht. Es kann also nur durch politische Veränderung gelöst werden. Und die Erkenntnis, dass so viele Menschen davon betroffen sind. Lange dachte ich, dass ich und meine Familie mit unserer Situation in Deutschland allein sind. Festzustellen, dass staatenlose Personen aber einfach keine Anlaufstelle haben, motiviert mich, etwas zu ändern.
Was ist die größte Herausforderung in der Umsetzung deines Vorhabens?
Staatenlosigkeit ist ein Problem, das bisher fast unsichtbar war. Der Wissensstand ist relativ gering, das Thema findet kaum auf der politischen Agenda statt. Um einen Missstand zu lösen, muss man wissen, dass er existiert. Wir werden also viel politische Aufklärungsarbeit leisten, um uns gemeinsam mit Entscheidungsträger*innen in der Politik der Komplexität des Themas widmen.
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