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Portrait einer lächelnden Frau

Allianzen abseits vom Stammtisch

Franziska Brandmann

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Gründerin des Female Talents Program

Franziska Brandmann macht seit Jahren Parteipolitik und stellt dabei immer wieder fest: Frauen sind unterrepräsentiert, insbesondere in ihrem liberalen Umfeld. Die Strukturen und Angebote der Parteien? Unattraktiv für viele weibliche Talente! Deshalb startet sie ein Programm, das liberal denkende junge Frauen in ganz Deutschland für Politik begeistert und vernetzt.

Wer bist du und was machst du bei JoinPolitics?

Ich bin Franziska Brandmann und 28 Jahre alt. Ich bin Doktorandin an der University of Oxford und leite als Bundesvorsitzende die Jungen Liberalen, die Jugendorganisation der FDP mit fast 16.000 Mitgliedern. Die Hälfte meines Lebens bin ich politisch aktiv – und dabei fast immer vor allem von Männern umgeben. Im Laufe dieser Zeit wurde mir klar, dass sich das nur ändert, wenn alle, die aktiv sind, hier eine eigene Verantwortung sehen und ihr nachkommen. Auch ich!  Deshalb habe ich gemeinsam mit tollen Mitstreiterinnen –Nadin, Theresa, Helena und Anna – das Female Talents Program entwickelt. Ein Programm, das liberal denkende junge Frauen in ganz Deutschland für Politik begeistert und vernetzt. Wir wollen Veranstaltungsformate schaffen, die Frauen nicht ‘mitdenken’, sondern sie in das Zentrum der Veranstaltungen stellen. Wir wollen Politik neu denken – und so arbeiten, dass Frauen gerne teilhaben wollen.

Dein Weg in die Politik? 

Mein politischer Weg begann mit Schultoiletten. Klingt komisch, ist aber wahr! Ich war 14 Jahre alt und völlig entgeistert über den Zustand der Toiletten an meiner Schule: Die waren seit 50 Jahren nicht saniert worden und sahen entsprechend aus. Also habe ich als Klassensprecherin die Schülervertretung angesprochen, bin zum Schulleiter, zum Bürgermeister und zu den einzelnen Parteien gegangen, um das Problem zu lösen. Dabei hat mich die FDP am meisten angesprochen, weil sie die einzige Partei war, die mich ernst genommen hat, obwohl ich erst 14 war. Mich hat dieses gelebte  Menschenbild sehr angesprochen. Außerdem war ich  begeistert von der Idee der Eigenverantwortung. Meine Mutter ist in meinem Alter aus der DDR ausgereist, während die Mauer noch stand.  Sie hat alles hinter sich gelassen, um ein neues Leben zu beginnen. Als sie in West-Deutschland ankam, hatte sie genau einen Koffer mit Klamotten dabei. Heute ist sie Krankengymnastin und hat sich eine eigene Praxis aufgebaut. Durch meine Mutter weiß ich, was es bedeutet, in Unfreiheit aufzuwachsen und auch, wie es ist, in einer Demokratie mit sozialer Marktwirtschaft zu leben, in der man mit Fleiß etwas für sich und andere erreichen kann.

Wofür brennst du?

Alle Parteien in Deutschland sind im Durchschnitt relativ alt und männlich. Ihre Strukturen und Angebote sind nicht attraktiv genug, um Frauen für Politik zu begeistern. Denn: Parteiveranstaltungen und Frauenförderprogramme werden überwiegend aus einer männlichen Perspektive umgesetzt. Das geschieht gar nicht aus einem bösen Willen heraus, sondern einfach, weil es eben mehrheitlich Männer sind, die in Parteien Verantwortung übernehmen, Veranstaltungen und Formate entwickeln. Es ist an der Zeit, hier die Reset-Taste zu drücken und praktische Politik wirklich neu zu denken. Warum verbinden wir mit Politik immer ewig lange Veranstaltungen, ausschweifende Monologe einzelner?  Das Female Talents Program holt junge Frauen da ab, wo sie sind. Eben nicht  in alten Gaststätten und Kneipen, sondern zum Beispiel beim Brunch mit ihren Freundinnen, wo sie sich über Themen unterhalten, die in der Politik viel zu selten eine Rolle spielen. Frauen sind nicht unpolitischer als Männer. Sie unterhalten sich über Kinderbetreuung, über Paragraph 218, über Endometriose, das Entgelttransparenzgesetz, Fehlgeburten und vieles mehr. Sie glauben aber, dass es in der praktischen Politik keinen Raum für diese Themen gibt. Das müssen wir ändern! Politik ist so entscheidend dafür, wie unsere Gesellschaft aussieht, dass Frauen einfach mehr Raum bekommen müssen. 

Was ist das Beste, was du im nächsten halben Jahr erreichen kannst, und wie hilft dir JoinPolitics dabei? 

Der Kern unseres Vorhabens sind unsere Veranstaltungs-Formate. Hier können sich gerade die politisch interessierten Frauen vernetzen und informieren, die bisher keinen Bezugspunkt zu Politik hatten. Dafür werden wir stark auf Öffentlichkeitsarbeit und Social Media setzen und die Menschen über Themen erreichen. Außerdem bauen wir auf Feedback, um die Veranstaltungen stetig noch passgenauer zu gestalten. Los geht's mit einem Kick-off-Wochenende in Berlin, anschließend wollen wir gemeinsam in Seminaren und Trainings Themen wie Programmatik, Rhetorik und Markenaufbauangehen. Idealerweise soll das Female Talents Program überparteilich weiterentwickelt werden, um mehr Solidarität über Parteigrenzen hinaus zu entwickeln. Es wird eine Herausforderung sein, neue Formate out of the box zu entwickeln und zu etablieren, da wir ja alle auch schon seit Jahrzehnten Parteipolitik machen. Aber wir haben richtig Lust darauf! Der Start-up-Spirit und das großartige Netzwerk von JoinPolitics ermöglichen es uns, eine neue Perspektive einzunehmen und unser Projekt auf der grünen Wiese zu entwickeln.  

Wo stehst du in fünf Jahren auf deinem politischen Weg?

Ich will mich unbedingt weiterhin stark in die Politik einbringen und sie aktiv gestalten. Ich bin jetzt seit fast einem Jahr Bundesvorsitzende der JuLis und habe in dieser Zeit schon viel gelernt. Vieles von dem, was ich gelernt habe, möchte ich in Zukunft auch in der FDP einbringen. Ich will mutig sein und meiner Partei positive Transformationsprozesse zumuten. Ich habe keinen Bock, mich die nächsten 20 Jahre darüber zu ärgern, dass meine Freundinnen sagen: Mach deinen Politik-Kram mal alleine, mich holt dieses altbackene Politik-Modell nicht ab. Dann müssen wir das Modell verbessern! 

Was hast du aus schwierigen Phasen in der politischen Arbeit gelernt?

Als die FDP 2013 nicht wieder in den Bundestag eingezogen ist und mir klar wurde, dass es keine liberale Stimme mehr im Parlament geben wird, das war für mich unfassbar schwer. Es hat sich komisch angefühlt, Debatten im Deutschen Bundestag zu sehen und aktiv wahrzunehmen, dass dort keine Partei sitzt, die meine liberale Haltung vertritt. In diesem Moment ist Politik für mich von einem Hobby zu einer riesigen Leidenschaft geworden. Ich habe gelernt: Wer – wie ich – glaubt, dass Politik zentral für unsere Gesellschaft ist, der muss sich einbringen. 

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